Wiking Jugend (WJ)

Gegründet :
01. Mai 1950
Sitz :
Berlin
Vorsitzender :
Wolfram Nahrath
Publikation :
 
Anzahl der Mitglieder :
 ca. 500

Das Bundesministerium des Innern verbot die WJ am 10. November 1994.

Seit mehr als vierzig Jahren, die Stammgruppe wurde am 1. Mai 1950 gegründet, erzieht die Wiking Jugend "Pimpfe" und "Jungmädel" geistig und körperlich im Sinne ihres historischen Vorbildes, der Hitler-Jugend. Bereits 6jährige Kinder dürfen die Uniform tragen und marschieren, "damit das Wesenhafte nordischen Menschentums nicht untergeht". Es ist mittlerweile sogar dem Verfassungsschutz aufgefallen, daß es sich bei dieser Jugendorganisation um eine neonazistische Vereinigung handelt, obgleich  schon ihre Gründerväter, z.B. der Altnazi Walter Matthaei (Capitan Walter) (Referent im Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete unter Alfred Rosenberg, keinen Hehl aus ihrer ungebrochenen braunen Gesinnung machten. Halbherzige staatliche Repressionen, wie das kurzzeitige Uniformverbot von 1962 und Polizeieinsätze anläßlich der alljährlich stattfindenden "Sylvester-Mahnfeuer" an der Grenze zur DDR in Hildern/Rhön "gegen die Tyrannei der bolschewistisch-kommunistischen Gewaltherrschaft" störten die Aktivitäten der Wiking Jugend kaum. An der Spitze der Wiking Jugend steht nun schon in dritter Generation ein Nahrath, Wolfram Nahrath löste seinen Vater Wolfgang ab, dessen Markenzeichen Landsermütze und völkische Ansprachen mit großem Pathos sind.

Die Organisation ist streng nach dem Führerprinzip gegliedert: unter dem Bund stehen die Gaue und Horste, deren Jungen- und Mädchenschaften wiederum von Pimpfen und Jungmädeln gebildet werden. Die Gauzeichen sind identisch mit denen der Hitler-Jugend. Symbol der Wiking-Jugend ist die in einigen Bundesländern bereits verbotene Odal-Rune.

Die Wiking-Jugend ist uniformiert, was zu ständigen, kaum geahndeten Verstößen gegen das Versammlungsgesetz führt.

 Die Bundesgeschäftsstelle soll inzwischen von Stolberg nach Berlin verlegt worden sein. Bundesweit bringt es die Wiking-Jugend sicher auf etwa 500 Mitglieder. Eine wichtige Integrationsfigur in der rechten Szene ist zweifellos der Liedermacher und Funktionär der Wiking-Jugend Frank Rennicke, der besonders unter Jugendlichen fast kultisch verehrt wird. In allen Skinzine-Charts tauchen seine Lieder auf, seine Konzerttermine (er ist erst kürzlich wieder durch die ganze ehemalige DDR getourt) werden durch Mund-zu-Mund-Propaganda und Zeitschriften wie Nation + Europa bekanntgemacht. Rennicke besitzt auch die Rechte an der im Deutschland-Studio aufgenommenen Liedersammlung "Wir singen Kampf- und Soldatenlieder", in deren Klappentext es bezeichnenderweise heißt: "Die Wiking-Jugend...hält diejenigen in Ehren, welche in den Waffengängen der großen Kriege für unser Volk und unseren gesamten Artraum ihr Leben ließen..." Ihnen zur Ehre singen die WikingerInnen von der Legion Condor, von Panzergrenadieren und grauen Kolonnen in Feindesland. "Manchem wird die gelegentliche Abweichung vom ursprünglichen Wortlaut auffallen. Das liegt daran, daß dort bekannte, rechtliche Klippen umschifft werden müssen...Es tut den Liedern jedoch keinen Abbruch. Die Wiking-Jugend singt sie ! Singt ihr mit !!" Verändert wurde z.B. aus dem SS-Liederbuch das Lied "Ihr Sturmsoldaten jung und alt, nehmt die Waffen in die Hand, denn der Feind, der haust ganz fürchterlich im deutschen Vaterland." (Orig: ..der Jude haust ganz) "110 Patronen umgeschnallt, scharf geladen das Gewehr und die Handgranate in der Faust, Bolschewiki, komm mal her !" Die dritte Strophe wurde wieder geglättet: "Wenn der Sturmsoldat ins Feuer zieht, ja, dann hat er frohen Mut, und wenn die schwarz-weiß-rote Fahne weht, dann geht's nochmal so gut." In der widerlichen Originalversion hieß es "...und wenn das Judenblut vom Messer spritzt, dann geht's nochmal so gut." Dieses Lied ist eigentlich als "Lied der Bewegung" nach § 86a StGB verboten.

Seit nunmehr vier Jahrzehnten bildet die Wiking-Jugend militante Truppen aus und hat dies auch nie verschwiegen. Die "Kampfgemeinschaften für Jungmänner" sind in den Wehrlagern hartem Drill ausgesetzt, bis hin zum Übungsschießen und dem Bau von sprengstoffgefüllten Rohrbomben. Einer der Ausbilder, die übrigens zum großen Teil aus den Reihen der Bundeswehr kommen, ist der ehemalige Gauführer "Nordmark", Uwe Rohwer der auf seinem "Wiking-Hof" in Dörpstedt junge Wikinger schleift. Von seinem Gehöft aus erfolgte 1978 der Überfall der berüchtigten Hansa-Bande (Michael Kühnen und Christian Worch) auf einen niederländischen NATO-Stützpunkt, bei dem vier Maschinenpistolen erbeutet wurden. Wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung wurde er zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt. In Halbe marschierte er vor einem Jahr mit dem Gau "Nordmark" in alter Frische wieder auf...Der körperlichen Ertüchtigung dienen auch die sogenannten "Wolfsangelmärsche" (die Wolfsangel zählt zu den verbotenen Kennzeichen) für Jungen und Mädel,  bei denen Vierzehnjährige 150 km lange Gewaltmärsche absolvieren müssen, oder das während der Winterlager bei eisiger Kälte  veranstaltete zehnstündiges Überlebenstraining. Im Hinterkopf trägt der junge Wikinger dabei stets die Devise: "Tragt wieder Euer Schwert, Söhne des Nordens ! Noch ist es Zeit, daß Euer Reich ersteht...horcht auf Euer Blut, bewahrt es rein !"

Die Wiking-Jugend vertritt ein extrem völkisches, antisemitisches Weltbild, das ohne Furcht vor Konsequenzen öffentlich vertreten wird. So heißt es beispielsweise in der Zeitschrift der Organisation, Der Wikinger (erscheint vierteljährlich in Stolberg bei Aachen): "Jeder Verhungerte in der Sahelzone und jeder bei Krawallen, Bürgerkriegen, Militärputschen und Stammeskämpfen in der Dritten Welt Umgekommene ist ein Glück für die Welt und ein zukünftiger Gegner für uns. Jeder in die Dritte Welt gelieferte Sack Lebensmittel und jeder gerettete Fortpflanzungsfähige in den Armutsländern ist für uns eine verlorene Schlacht der Zukunft und bringt die Erde dem Kollaps näher."

Die Wiking-Jugend verkauft ihren ODAL-Kalender, das Exemplar für 1993 ist wiederum eine komplette Verherrlichung des Nationalsozialismus. Verbotene Kennzeichen schmücken die Publikation, eine Gedenktagetafel, in der sich die gesamte Spitze des Dritten Reiches und einschlägige politische Ereignisse (Luftschau zu Ehren von Hitlers Geburtstag, Ergesundheitsgesetz, Erbhofgesetz, Winterhilfswerk...) wiederfinden lassen, ist abgedruckt, gefolgt von einer Seite zotiger Judenwitze, der Vorstellung von "Helden" der "Großgermanischen Bewegung" etc.

Für viele Aktivisten der rechtsextremen Szene ist die Wiking-Jugend das politische Sprungbrett gewesen, dementsprechend gehen die personellen Verflechtungen auch durch alle einschlägigen Parteien. Der ehemalige Bundesfahrtenführer Heiko Oetker mauserte sich vom NPD-Funktionär zum Aktivisten der Republikaner in Schleswig-Holstein, andere fanden Anschluß an die DVU, die FAP, die Nationalistische Front, die Deutsche Alternative oder die Deutsche Liga für Volk und Heimat. Über personelle Kontinuitäten läuft ebenso die Koordination gemeinsamer Aktivitäten. Nach der "Wende" versuchte die Wiking-Jugend umgehend, ihren Einflußbereich auf die neuen Bundesländer auszudehnen. Besonders aktiv war sie bei der Rekrutierung im Raum Berlin/Brandenburg (Gaugründung 1991) sowie in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Im Oktober 1991 trafen sich die Alt-Funktionäre zu einer mehrtägigen Zusammenkunft in Dresden. Die Wiking-Jugend gehörte gemeinsam mit der Deutschen Alternative zu den Veranstaltern des Pfingstlagers 1990 bei Spremberg und war Mitträger des Deutschlandtreffens der NPD am 3. 10. 1991  in Gera sowie am 3. 10. 1992 in Arnstadt. Für den Gau Berlin ist die Vorbereitung und Durchführung des Aufmarsches auf dem Friedhof in Halbe 1990/91/92 symptomatisch, die in Zusammenarbeit mit der Berliner Kulturgemeinschaft Preußen e.V., der Nationalistischen Front und der NPD erfolgten. Bemerkenswert war auch die zahlreiche Teilnahme an der FAP-Demonstration am 1.  Mai 1992 im Thälmannpark. In Berlin war die Wiking-Jugend maßgeblich beteiligt an einer Volkstreuen Weihnachtsfeier gemeinsam mit der NPD, den Jungen Nationaldemokraten, Vetretern der Deutschen Liga für Volk und Heimat und der Berliner Kulturgemeinschaft Preußen e.V. im Dezember 1992.

Die Wiking-Jugend blieb allerdings nicht von spalterischen Tendenzen verschont. So kam es 1987 zu erheblichen Differenzen zwischen Wolfgang Nahrath und Rudi Wittig, in deren Ergebnis Wittig die Wiking-Jugend verließ und den Sturmvogel-Deutscher Jugendbund gründete.

Auch die internationale Dimension der Wiking-Jugend darf nicht unterschätzt werden. Es gibt sie in dieser oder ähnlicher Form in fast allen westeuropäischen Staaten, die Treffen zwischen den einzelnen Verbänden finden regelmäßig statt. Besonders eng sind die Kontakte ins benachbarte Flandern, wo z.B. mit dem inzwischen verbotenen Vlaamse Militanteorde (VMO) Wehrsportübungen mit scharfen Waffen durchgeführt wurden. Nicht unerwähnt bleiben sollten auch die Kontakte zu den türkischen Grauen Wölfen.

Zum Zeitpunkt ihres Verbotes, den 10. November 1994, unterhielt die WJ zwölf Gaue, besonders aktiv waren diese in Sachsen und Schwaben. Im Ausland entwickelten die Sektionen in der Schweiz (aufgelöst 1991), in Flandern (Belgien), in Frankreich und in Spanien ein organisatorisches Eigenleben.

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